Vom 2. bis 4. August fand in Erfurt der erste Bundeskongress der Omas gegen Rechts Deutschland statt. Etwa 500 Omas und Opas waren gekommen, um sich besser kennenzulernen, sich auszutauschen, sich zu vernetzen und nicht zuletzt um Energie zu tanken.
Am Samstag gab es im Thüringer Landtag nach einigen Grußworten einen Vortrag von Prof. Dr. Andreas Zick: "Wenn die Demokratie wackelt, oder warum wir die Omas gerade brauchen", mit anschließender Podiumsdiskussion. Professor Zick nahm Bezug auf die Ergebnisse der FES Studie "Die distanzierte Mitte" (siehe Link), die eine zunehmende Zustimmung zu rechtsextremen Ideologien in der Gesamtbevölkerung nachweist. Andreas Zick erklärte, warum die Omas gerade so nötig gebraucht werden: "Sie können viel machen, weil Sie eine vertrauensvolle Gruppe sind."
Nach Workshops mit unterschiedlichen Themen taten die Omas und Opas am Nachmittag das, was sie am besten können: Demonstrieren, sich zeigen, sich positionieren. An der Demonstration in die Innenstadt von Erfurt nahmen ca. 800 Menschen teil.
Den Tag ließen wir im Kulturquartier mit der Omas gegen Rechts Bigband gemeinsam ausklingen.
Die Chemnitzer Gruppe der Omas gegen Rechts war in Erfurt mit fünf Omas und zwei Opas vertreten. Wir möchten uns ganz herzlich bei allen bedanken, die das Treffen organisiert und durchgeführt haben. Es war ein herrliches Wir-Gefühl mit großartiger Stimmung.
Appell der OMAS GEGEN RECHTS
Erfurt, 4. August 2024
Vom 2. bis 4. August 2024 trafen sich 300 OMAS GEGEN RECHTS aus ganz Deutschland im Landtag von Thüringen in Erfurt zu ihrem ersten gemeinsamen Bundeskongress.
Als Abschlusserklärung sendet der Kongress diesen Appell aus
Unsere Demokratie hat bisher für Frieden und Freiheit gesorgt. Wir kennen keine andere Staatsform, die den Menschen ein besseres Zusammenleben ermöglicht. Das sollten wir zu schätzen und zu schützen wissen.
Wir, die OMAS GEGEN RECHTS, gehören zu der Generation, die in den 1960er Jahren ihren Eltern und Großeltern bittere Fragen stellen musste: was habt ihr getan, um zu verhindern, dass die Nazis die erste deutsche Demokratie zerstörten? Was habt ihr getan um den Völkermord zu verhindern? Und viele der Gefragten wussten keine Antwort, denn sie hatten nichts getan, um die Demokratie zu schützen und das Verbrechen zu verhindern.
Wir wollen, dass unsere Enkelinnen und Enkel solche Fragen nicht stellen müssen. Wir wollen unsere Demokratie als einzige erstrebenswerte Form des Zusammenlebens schützen.
Das ist anstrengend. Demokratie bedeutet Interessenausgleich. Sie bedeutet, Meinungen auszutauschen und andere Meinungen auszuhalten. Sie bedeutet, Argumente für oder gegen Entwicklungen abzuwägen, damit unterschiedliche Interessen zu ihrem Recht kommen können. Sie bedeutet auch, persönliche Freiheit zu garantieren – soweit die persönliche Freiheit der anderen ebenfalls respektiert wird.
Freiheit bedeutet aber auch Verantwortung. Die 2020er Jahre haben uns allen ein dramatisches Zusammentreffen mehrerer weltweiter existenzbedrohender Krisen beschert, die jede Regierung vor nie gekannte Herausforderungen stellen. Kriege und Klimakatastrophen bedrohen das Leben und die Existenzgrundlagen von Millionen Menschen, weltweit und auch bei uns. Die Corona-Pandemie hat uns alle gezwungen, plötzlich unsere Lebensgewohnheiten dramatisch zu verändern und Teile unserer persönlichen Freiheit vorübergehend einzuschränken.
Nicht immer finden Politiker:innen sofort die richtige Antwort auf alle Probleme. Das gilt auch für die Klimaproblematik. Sie ist ein Beispiel dafür, wie gefährlich träge die politischen und gesellschaftlichen Reaktionen auf wissenschaftliche Erkenntnisse sein können, wenn sie mit Kosten, Unbequemlichkeiten und politischen Zumutungen einhergehen. Sie zeigt zugleich, wie verschleppte und ungelöste Probleme von Populist:innen für sich genutzt werden. So wird die Klimakrise – wie auch andere systemische Krisen - durch Ignoranz und Trägheit zu einer Gefahr für die Demokratie.
Das alles ist schwer zu ertragen. Viele von uns mögen manchmal die aktuellen Nachrichten nicht mehr anhören, weil alles so unlösbar erscheint. Und viele wünschen sich offenbar, dass ein Zauberer kommt und uns mit einer Handbewegung und ohne Rücksicht auf Tatsachen und wissenschaftliche Erkenntnisse alle Probleme vom Hals schafft.
Aber für die Vielfalt der Probleme gibt es keine einfachen Lösungen. Wir alle haben die Verantwortung, unseren Nachkommen eine lebenswerte Welt zu hinterlassen. Der beste, wenn auch anstrengende Weg dazu ist die Arbeit in und an der Demokratie, auch über Ländergrenzen hinweg. So wie im engen Zusammenleben das Recht des Stärkeren nicht funktioniert, kann auch international kein Staat das Recht in Anspruch nehmen, die Nummer Eins zu sein.
Wir OMAS GEGEN RECHTS rufen alle auf, die Demokratie als einzige gedeihliche Form des Zusammenlebens zu begreifen und zu schützen. Wir stellen uns denen entgegen, die die Axt an die Grundlagen unseres Zusammenlebens legen wollen. Sie gefährden die verfassungsgemäßen Grundrechte, sie verhöhnen die Arbeit der Parlamente, sie wollen die Rechtsprechung zu ihren Gunsten verändern und die Möglichkeit der Informationsbeschaffung mit der Vielfalt der öffentlichen Medien verhindern. Ihnen geht es nicht um ein menschenwürdiges Zusammenleben, sondern um Macht, Hass und Gewalt.
Wir dürfen das nicht zulassen. Es ist unsere Aufgabe als OMAS GEGEN RECHTS, nachfolgenden Generationen von unseren Erfahrungen zu erzählen und ihnen zu vermitteln, dass es für ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit und Vielfalt keine Alternative zur Demokratie gibt.